030 - Wie viel Photoshop darfs sein?

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Der Titel dieser Episode hätte anstatt "Wie viel Photoshop darfs sein?" auch lauten können: "Wie realistisch & authentisch willst Du Dich und Dein Unternehmen präsentieren?" Gleich vorweg: Ich benutze keinen Photoshop mehr - ich arbeite mit einem andern Programm, das dasselbe kann. Ich retuschieren also auch, keine Angst. Allerdings habe ich in letzter Zeit wieder vermehrt erlebt, wie anders sich einige Leute sehen (wollen), als sie sind. Darum geht es heute.

Wir kennen das alle, wenn wir ehrlich sind: Wir wollen uns und unser Unter­nehmen so vorteilhaft wie möglich präsentieren. Was auch immer das heisst. Doch was ist da noch legitim oder gesund und ab wann wird es zu künstlich? Ich kenne die Antwort darauf auch nicht, versuche aber, das Thema einzu­kreisen und so meine Meinung dazu zu erklären.

Die digitale Fotografie hat definitiv sehr viele Vorzüge gegenüber der analogen. So hat man sofort das Bild vor Augen und kann Korrekturen vor Ort vornehmen. Oder man kann wesentlich günstiger viele Fotos schiessen und so mehr ausprobieren als früher.

Wie bei allem gibt es natürlich auch Nachteile. Vor allem die Portraitmodi in Handies und ihre fest installierten Filter kreieren teilweise Bilder, die nicht der Realität entsprechen. In Photoshop kann man Augenabstände verändern, Lächeln optimieren, Gesichtsforme ändern und Vieles mehr. Per Mausklick.

Es ist mir bewusst, dass für viele die Situation vor der Kamera ungewohnt ist und dass das Blitzlicht und die Tatsache, dass (je nach Blitz) eine 1/1000 Sekunde oder weniger Deines Lebens "eingefroren" wird, gar nicht natürlich sein können. Je nach Lichtformer wirken zum Beispiel Falten tiefer, als sie sind. Das kann man relativ einfach anpassen. Das mache ich auch. Pickel sind etwas Temporäres und sind rasch korrigiert, ebenso Staub oder Haare auf Shirt & Jacke. Da bin ich voll dabei.

Allerdings bin ich immer wieder erstaunt, wenn Menschen sich auf einen Bild sehen und fest­stellen, dass etwas gar nicht so aussieht, wie sie es sonst immer sehen. Beispiel gefällig? "Oh, meine Augen sind ja gar nicht gleich gross!"

Ich empfehle dann immer, mal nackt vor einen Spiegel zu stehen (ohne Fotograf, natürlich) und sich genau anzuschauen. Nicht nur das Speckröllchen zu viel, sondern alles. Von den Haaren bis zu den Zehen. Es ist sehr spannend, sich unvoreingenommen und möglichst objektiv anzuschauen. Und weisst Du was ?

So schauen Dich andere Menschen an. Natürlich gibt es Leute, die uns auf den ersten Blick umhauen - positiv oder negativ. Aber niemand wird auf den ersten Blick Deine zu grosse Nase, Dein Doppelkinn oder weiss ich nicht was sehen.

Bei einem Portrait ist das auch so. Wir spüren schnell, ob uns jemand sympathisch ist oder nicht, unabhängig vom Aussehen.

Ich war letzte Woche an der Jubiläumsfeier einer Firma, deren Mitarbeitende ich fotografiert hatte. Alle Portraits waren vom internen Grafiker in Photoshop zusammen gefügt und mit einem Hintergrund versehen worden. Das Resultat war gewaltig und ich musste es fotografieren, weil ich es so stark fand.

Charakterportraits der Belegschaft der Chromos Group


Dies führt mich zum letzten Punkt: wieviel Realität erträgt Deine Firma? Als ich vor neuneinhalb Jahren Fotograf wurde, fand ich es schön, wenn alle "militärisch" genau in die  selbe Richtung schauen auf einer Webseite. Mittlerweile empfinde ich das als Vergewaltigung der Belegschaft. Unterschiedliche Menschen wirken anders, je nach Richtung, in welche sie schauen. Das ist Fakt.

Also probiere ich das mit den Menschen vor meiner Linse aus und wir wählen das beste Bild aus. Menschen sind Individuen und unsere Geschmäcker sind verschieden. Natürlich kannst Du Deine Belegschaft anordnen, gleich zu stehen, alle oder niemand zu lächeln etc. Aber dann vergibst Du meiner Meinung nach sehr viel Potential: Da unsere Geschmäcker verschieden sind, sprechen wir auch auf unterschiedliche Menschen an (Stichwort Diversität). Profitiere von der Andersartigkeit aller Deiner Mitarbeitenden, denn so sprichst Du viel mehr potenzielle KurdInnen an.

Um zum Thema Zurückzukommen. Ja, man kann mit Photoshop & Co. alles optimieren. Ich kann Dich schlanker, grösser oder breiter machen. Aber nur auf dem Bild. Wenn Du an Dir etwas ändern möchtest ist es nachhaltiger, wenn Du tatsächlich etwas an dir änderst. Kein Filter dieser Welt kann da mithalten.

Bei Unternehmen ist es dasselbe: Ja, man kann etwas vorgaukeln, dass es so nicht gibt. Aber irgendwann steht der Kunde vielleicht mal in Deinen Räumlichkeiten und triff Deine Mitarbeitenden. Spätestens dann holt Dich die Realität ein.

Ich bearbeite gerne meine Bilder, baue sogar Schattenwürfe eine, verändere Farben und helle dunkle Falten auf.

Aber lasst uns bei all dem - ich bin versucht, Wahn zu sagen - die Natürlichkeit nicht vergessen. Diese nimmt nämlich sehr viel Druck aus dem System.

Gerne unterstütze ich Dich dabei, Dich und Deine Mitarbeitenden und Firma natürlich zu präsentieren. Du erreichst mich hier.

In zwei Wochen geht es weiter und wenn alles so läuft wie geplant, kommen dann wieder andere Menschen zu Wort. Bis dahin wünsche ich Dir eine gute Zeit, geniess die Natürlichkeit - und tschüss


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